Filmkritik: "The Hatefull 8"
/Die "Hasserfüllten 8" so titelt Tarantino (Link) seinen neuesten Streifen. Halb Western, halb Tarantino - so lässt schon der Trailer vermuten. Anleihen an "Django Unchained" (Link) scheinen sichtbar zu werden. Aber was taugt der "Neue" wirklich?
Handlung
"Wer reitet so spät durch Schnee und Wind - es ist der Kopfgeldjäger mit seinem Gefangenen" oder so ähnlich könnte das erste Kapitel des Werkes heißen. Der Film spielt zwar im zeitlichen Umfeld von "Django unchained", will aber laut einhelliger Meinung keine Fortsetzung sein: Da treffen zwei gnadenlose Kopfgeldjäger zufällig in den Ausläufern eines heran nahenden Schneesturms auf den zukünftigen Sheriff von Red Rock (ihrer aller Ziel). Der Füllungsgrad der rettenden Kutsche steigt. Da die holden Herren nicht wirklich zimperlich agieren, kann ein größerer Streit nicht lange auf sich warten lassen. Doch so richtig eskaliert die Geschichte erst, als die Bande gesetzestreuer Bürger mit ihrer wertvollen Ladung steckbrieflich gesuchter (teilweise toter) Verbrecher in "Minnies Kurzwarenladen" Zuflucht vor dem heranrauschenden Schneesturm sucht.
Realisierung
Ein Tarantino, wie wir ihn erwarten? Auf jeden Fall ein Film der visuell mitreißt. Die teilweise analog gefilmten Szenen beeindrucken. Die Kälte und der Schnee wirken packend echt (Sequenzen wurden bei -30° gedreht). Die einsame Hütte im Schneegestöber der Wildnis verkörpert die wärmebringende Erlösung. Der Regisseur spielt mit diesen Motiven, die er genau in sich verkehrt. Das wahre Grauen beginnt (begann) in der vermeintlich wärmenden Zuflucht. Der kalte Tot lauert auf seine Opfer.
Tarantino selbst verriet, der Film stütze sich auf "Das Ding aus einer anderen Welt" (Link) und "Reservoir Dogs" (Link). Man kennt Quentin und seinen kaputten Humor. Ich möchte ihn sanft ergänzen. Der Film erinnert natürlich an "Spiel mir das Lied vom Tod", "Django unchained" und "Reservoir Dogs".
Der Soundtrack von Ennio Morricone ("Spiel mir das Lied vom Tod", "Zwei glorreiche Halunken") reminisziert nicht zufällig eine akustische Melange der "guten alten Zeit" der Staub bedeckten Westernhelden auf ihren mehr oder weniger edlen Rössern. Tarantino setzt diesem Bild die schnee-gequälten Kopfgeldjäger mit ihrer unedlen Fracht entgegen.
Meinung
Schwer in Worte zu fassen - wirkt der Film doch unglaublich stimmungsvoll und auch wieder am Ende recht banal. Mit seinen beinahe drei Stunden hätte man Größeres erwarten dürfen. Ich möchte jetzt nicht in den "mit Christoph Walz wäre alles besser gewesen" Kanon einstimmen; doch der Film vermisst einen Protagonisten, der mit seiner perversen Trockenheit die Handlung vorantreibt.
Doch hat er natürlich seine Momente. So erinnert die "Suche nach dem Giftmischer" unerwartet an so manche Agatha Christie Verfilmung und auch sonst steckt der Film voller Referenzen. Doch wenn der finale Vorhang fällt, bleibt die Frage, ob der im 70mm Seitenverhältnis 2,76:1 analog gefilmte Streifen den gesamten Hype wert war.
Ich denke nicht. Ein sehenswerter Streifen und das war es dann auch schon. Eine zweite Sichtung werde ich mir sicher sparen können.
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