LED Flimmern vermessen / gemessen... "Was flickert denn da?"
/Messmethodik
Definition von Flimmern
Flimmern von Leuchten wird individuell vollkommen unterschiedlich empfunden. Gemein scheint zu sein, dass das menschliche Auge mehr in den Außenbereichen für Helligkeitsschwankungen empfindlich wirkt. Man hat versucht, die Höhe der Helligkeitsschwankung zu bewerten. Dafür wurden einige Benchmarks definiert (nachfolgend am Beispiel eines sinusförmigen Flimmerns erklärt):
Percent Flicker
Er bildet einfach den Quotient (Vmax - Vmin) / (Vmax + Vmin) = Vpp / (Vmax + Vmin).
Dieses Rechenverfahren wird bei ledbenchmark.com (Link) ausführlich erklärt, diskutiert und Alternativen aufgezeigt. Der interessierte Leser findet hier ein bisserl was zum Verdauen.Was mir nicht zusagt, ist die fehlende Wertung der mittleren Helligkeit (das erfasst der sogenannte "Flicker Index").
Flicker Index
Seine Berechnung zieht aber ein bisserl Kurvendiskussion und Flächenberechnung nach sich. Das Verfahren berücksichtigt und wichtet unsymmetrische Verläufe der Ausgangshelligkeit um den mittleren Lichtwert. Grob gesagt, berechnet man den mittleren Lichtwert und wichtet die Flächen oberhalb und unterhalb dieses Linie.
Vpp/Vrms
Wenn es schnell gehen soll, könnte man auch z.B. den Wert Vpp/Vrms verwenden. Damit wird die Schwingung um den effektiven Spannungswert gewichtet. Bei sinusförmiger Flimmerei dürfte der Wert vergleichbar sein. Es darf nicht stören, dass dieser Marker auch locker Werte über 100% erreichen kann.
tl;dr
Ich werden bei Messungen den Vpp/Vrms Wert angeben und die Oszillogramme mit veröffentlichen. Die obigen Werte berücksichtigen nämliche nicht die Frequenz des Flimmerns. Auch will ich nicht nach jeder neuen Normänderung meine Rezensionen nachziehen.
Solarzelle SM80L
So ähnlich sah auch mein allererster Testaufbau aus (hier mit einer Osram Fotodiode): eine belastete Solarzelle. Aber wie gut ist die denn? Ich möchte einen für jeden billig reproduzierbaren Versuchsaufbau erstellen.
Eine gewisse Breitbandigkeit wäre schon schön. Zumindest interessiert, welche Grenzen das System haben wird. Deswegen verwende ich eine infrarot Fernbedienung als Referenz. Die meisten haben so ein Teil zu Hause. Viele davon werden den "RC5" Code verwenden (Link auf Wikipedia). Dieser benutzt ein Signal im Bereich 35 - 50kHz und das will mir als Bandbreite für Messungen genügen.
Im Folgenden messe ich oben im Bild (Cyan) den Strom durch die LED einer Fernbedienung und unten (Gelb) die Spannung an der Testzelle. Der Strom durch die LED entspricht der Helligkeit - Ziel ist es, dass die Sonde ein Signal liefert, das möglichst nahe an dem Helligkeitsverlauf liegt.
Annahme: Der Strom durch die Sende-LED entspricht der abgegebenen Licht Intensität.
Das Ergebnis überzeugt wenig. Die Frequenz selbst wird erkannt. Das Tiefpassverhalten der Solarzelle stört aber empfindlich. Auch ein weiter verringerter Belastungswiderstand verbessert das Ergebnis nur unwesentlich. Auch finde ich die große Testfläche (also lichtempfindliche Fläche der Zelle) schon wieder störend. Ich möchte die Sonde ja auch auf eine kleine LED aufsetzen können.
Fotodiode BPW34
Hier habe ich anfangs das billigere Modell gewählt. Sie enthält keine Korrekturen der spektralen Empfindlichkeit des menschlichen Auges. Für diesen Zweck halte ich sie aber für ausreichend (genau und schnell).
Erste Messung. Wieder mit der Fernbedienung, aber ohne Lastwiderstand. Völlig unbrauchbar.
Als nächstes folgt eine Messung mit 120 Ohm Last. Bitte auf die CH1 (gelb) Bemaßung achten. Die Diode liefert ein ganz brauchbares Signal mit 1V Spitze.
Ein Lastwiderstand von 60 Ohm (Bild rechts) verändert die Kurvenform (bei Skalierung auf gleiche Bildschirmgröße) unwesentlich, dafür sinkt die Amplitude (erwartet) auf die Hälfte.
Osram BPW21
Waren wir nicht eigentlich fertig? Ja und nein. Wenn ich schon beim Basteln und Vermessen bin, wollte ich auch gleichzeitig eine Photodiode verwenden, die auf die V-Lambda Kurve (Link) angepasst ist und sich später einmal zum Datenlogging beispielsweise einer Taschenlampe eignet. So steht die Osram BPW21 auf dem Prüfstand. Mit knapp unter 10 Euro bleibt sie zwar die teuerst im Test, eignet sich aber hervorragend für alle Prüfungen, die irgendwie mit Helligkeitsempfinden zu tun haben.
Die Messung sieht schon rein oberflächlich der vorherigen ähnlich. Hier habe ich sofort mit einem 330 Ohm Lastwiderstand begonnen. Etwas mehr im Detail (rechts oben) vergleicht sich die Kurve der Ausgangsspannung (gelb unten im Bild) mit dem Strom durch die LED (cyan oben im Bild) folgendermaßen:
Eine Veränderung des Lastwiderstands verbessert die Flankensteilheit wenig, senkt aber die Amplitude deutlich.
Ich möchte das Ziel, eine leicht und billig nachzubauende Sonde zu basteln, nicht aus den Augen verlieren und belasse es bei diesem Ergebnis. Eine breitbandigere Lösung erfordert elektronische Verstärkung und mir rennt die Zeit vor lauter Projekten davon. Bei aller messtechnischen Exaktheit sollte der Leser nicht aus dem Auge verlieren (pun intended), dass "Flickerfrequenzen" von 20 kHz absolut sicher außerhalb der menschlichen Wahrnehmung liegen. Wir jammern folglich in Bezug aus die Bandbreite der Messungen auf hohem (Mess)Niveau.
AddenDum: Nachgemessen und verstanden
Ich hatte oben erwähnt, warum meine Wahl auf die Osram Diode fiel. Diese wird auch in professionellen Belichtungsmessern verwendet. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich im Detail nicht mit Fotodioden auseinandergesetzt. Jedenfalls nicht so im Detail. So baute ich den Baustrahler und das Luxmeter wieder auf und maß die Spannung aus meiner neu gebastelten Sonde im Verhältnis zur Luxzahl.
Die Kurve sieht auf den ersten Blick gut aus, von der "absoluten Proportionalität" aber ein Stück weg (man beachte den "Anlaufbereich" von 0 - 15mV). Wieso ist das so?
In dem Fall hilft das Ersatzschaltbild (s.u.). Die Diode besteht aus einer "lichtgesteuerten Stromquelle", einer parasitären Diode und einem Kondensator. Zusätzlich hängt noch der Lastwiderstand an den Ausgangspins.
Vergessen wir mal die Diode: RL und C bilden einen Tiefpass. Je kleiner RL, desto kleiner wird die Grenzfrequenz des Tiefpasses, aber auch die Amplitude der Spannung über RL.
Die Diode erzeugt die gemessene Nichtlinearität. Über sie fließt ein zusätzlicher Strom. Je geringer RL, desto weniger Strom fließt über die Diode. Da hilft dann nur noch ein Transimpedanzverstärker weiter.
Da die Verwendung als Licht(stärke)Messer nur ein Abfallprodukt war, verzichte ich auf weitere Löterei. Im Folgenden wurde darauf geachtet, möglichst keine Messungen im Bereich 0-10mV zu fahren.
Der fertige Sensor
Aus den Erkenntnissen des vorherigen Kapitels folgt, dass die Verwendung der teuren Fotodiode eigentlich überflüssig ist für diesen Einsatzzweck. Ich bleibe bei dem Bauteil und der Schaltung. Das alles wird an eine BNC Buchse gelötet und die Messerei kann beginnen. Der 47 Ohm Widerstand sollte nicht überbewertet werden. Eigentlich bleibt er bei den zu erwartenden Frequenzen überflüssig. Aber er lässt sich gut zur mechanisch/elektrischen Verbindung mit der BNC Buchse missbrauchen.
Praxismessungen BPW12
Bitte beachten: Für die folgenden Messungen wurde die 20 MHz Bandbreiten Limitierung des Eingangskanals eingeschaltet. Auch liegt der Nullpunkt nach unten verschoben (siehe gelbes "1" Dreieck links unten). Die absoluten Spannungen (also auch der Abstand Fotodiode zum Messobjekt) kürzen sich bei allen Formeln heraus.
Die "gute alte" Glühbirne
Vpp/Vrms = 26% (kleiner ist besser)
"Percent Flicker" = 100 x (Vmax - Vmin) / ( Vmax + Vmin) = 12%
Tja. Auch die "gute" Glühbirne flimmert. Zwar wenig, aber messbar mit 100 Hz.
Eine herkömmliche Leuchtstoffröhre (ohne EVG)
Vpp/Vrms = 108% (kleiner wäre besser).
Percent Flicker = 63% (kleiner ist besser).
Wichtig: Dem aufmerksamen Leser wird auffallen, dass diese Zahlen von einer alten Messung stark abweichen (Link). Damals wurde eine "unvermessene" Solarzelle verwendet. Bei der neuen Messreihe lag für mich oberste Priorität auf Reproduzierbarkeit. Ich kann keine Garantie übernehmen, ob diese Ergebnisse der "amtlichen" Definition entsprechen, aber jeder kann für knapp 10 Euro diesen Aufbau selbst herstellen und mit meinen Ergebnissen abgleichen.
Auralum LED Röhre
(siehe mein alter Test - Link)
Vpp/Vrms = 118% (kleiner wäre besser).
Percent Flicker = 66% (kleiner ist besser).
Auch hier weicht die neue Messung stark von der alten ab. Das Ergebnis wirkt unerwartet. Denn hier wird die Netzfrequenz 1:1 durch die LEDs abgebildet. Rein intuitiv hätte ich ein Bild ähnlicher dem der "normalen" Leuchtstoffröhre erwartet (also dem Spannungs-Bild, das auch ein Brückengleichrichter hinterlässt).
OSRAM Substitube
Hier hätte ich ein besseres Ergebnis erwartet. Gegenüber der Auralum setzt sich die Substitube zwar positiv ab, aber eigentlich könnte der Unterschied (in dieser Disziplin) deutlicher sein! Wurde an den Kondensatoren gespart?
Vpp/Vrms = 77,5% (weniger ist besser)
Percent Flicker = 41% (weniger ist besser)
LED Spot SAMSUNG GU10
Wieder ein Fall, der sich schön eindeutig verhält: Kein Flimmern gefunden.
Vpp/Vrms = 2,3% (im Bereich des Rauschens der Messmittel).
Filament LED (1/2) Greens Retrofit classic
Diese LED "Birne" von Greens befindet sich gerade im Test und musste als Objekt herhalten. Viel zu berechnen bleibt nicht. Das Schirmbild bleibt hier exemplarisch, denn ich konnte auch im AC Bereich kaum eine messbare Schwingung messen.
Vpp/Vrms = 0% (kleiner geht nicht).
Percent Flicker = 0% (kleiner geht nicht).
Filament LED (2/2) Eiko
Vpp/Vrms = 242% (kleiner wäre besser).
Percent Flicker = 103% (kleiner wäre besser).
Der Eiko Filament LED sieht man am Oszillogramm sofort an, dass hier keine großen Pufferkapazitäten verbaut wurden. Die 100 Hz der gleichgerichteten Netzspannung schlagen voll durch.
OSRAM LED E27
Die Osram flimmert recht wenig. Der interne Schaltregler arbeitet wohl mit ca 44 KHz.
Es bleibt die Frage, welches Oszillogramm für die Auswertung verwendet wird. Ich bin der Meinung, dass die Frequenzanteile über 1 kHz zu vernachlässigen sind. Im Folgenden möchte ich auch nur noch den Wert Vpp/Vrms verwenden. Der interessierte Leser kann sich gerne die jeweiligen Werte bei Bedarf aus den Bildern ermitteln.
Vpp/Vrms: 36,0%* (kleiner ist besser).
*Aufgrund des HF Anteils (den ich für nicht wahrnehmbar halte), würde ich eher den oberen Ripple der linken Kurve also etwa Vpp = 25mV als Messgröße verwenden. Hier sollen die Fachleute streiten! Das ergäbe dann einen Wert Vpp/Vrms von etwa 9%.
Wer zurückscrollt, wird feststellen, dass die Glühfadenlampe in einer ähnlichen Größenordnung "unterwegs" ist.
KompaKt Leuchtstoff Lampe (Osram)
Die alte Osarm CFL hat schon einige Stunden auf dem Buckel. Auch hier lässt sich das LF und HF Verhalten erforschen. Ich verwende den Vpp/Vrms Wert der LF Messung.
Vpp/Vrms = 39%* (kleiner ist besser)
*Siehe bei obiger LED. Ich verwende hier stur die Formel, aber durch die HF Überlagerung müsste man eigentlich Frequenzen > der Wahrnemungsgrenze des Auges herausfiltern. Das führt hier zu weit.
LED Taschenlampe
Die Led Taschenlampe von SecurityIng steht als als nächstes auf dem Programm. Natürlich wird die LED durch PWM gedimmt. Interessant, dass dies nur mit 126 Hz geschieht. Das schreit nach Stroboskopeffekten bei schnellen Bewegungen. Das linke Oszillogramm zeigt die LED bei mittlerer Helligkeit (50% PWM), das rechte bei geringer Helligkeit (ca 30% PWM).
[Videos] Mehr zum Thema Licht und Auge
Wer sich für mehr Details (z.B. die V-Lambda Kurve) interessiert: ich habe erst neulich ein Video zum Thema "Farbsehen" gebaut.
Die oben erwähnete Greens Filament LED im Teardown...