Serientipp: "Die Brücke" Staffel 3
Vorweg: Alle Staffeln "Der Brücke" sind in sich geschlossen. Die Rezension wird Spoiler der Staffel 2 enthalten. Für Neueinsteiger empfehle ich, mit Staffel 1 zu beginnen.
Neuanfang
Ich war sehr skeptisch, ob diese Serie nach dem Weggang "Martins" (Kim Bodnia) weiterhin faszinieren wird (wie es vor allem die erste Staffel schaffte). Die Chemie zwischen Saga und Martin arbeitete großartig. Nun ist alles neu. Erstaunlicherweise funktioniert schon nach wenigen Folgen das Verhältnis der Ermittelnden wieder. Wenn auch auf eine neue Art. Aber gerade diese Spannung gibt dieser Season wieder so richtig Schwung (gegenüber der etwas unbefriedigenden Season 2).
Handlung
Seltsame Morde geschehen. Die Leichen scheinen trappiert wie in einem abskuren grausigen Kunstwerk. Doch so recht will sich kein Muster ergeben. Viel mehr will ich nicht verraten. die vielen fein ziseliert verzwickten Verhältnisse der Charaktere verwirren schnell. Zusammen mit den schwedischen Namen sollte man recht wach sein, die ganze Handlung bis ins Letzte aufzudröseln. Ich darf Euch aber beruhigen - am Ende wird alles logisch aufgelöst (mag man auch auf dem Weg zum Stein der Weisen ein paar Detail-Kiesel verloren haben). Eine kleine Kritik (oder pures Unverständnis) habe ich mir für den Spoilerteil (ganz unten) aufgehoben.
Meinung
Härter werden die Krimis in letzter Zeit. Seit Stieg Larssons Millenium Trilogie (Link) hat sich für mich - gefühlt - die Thrillerwelt eine Raste weiter in Richtung "üble perverse Morde" gedreht. Ab und an kann der eine oder andere schon vor der Explizitheit der Greueltaten erschaudern. Sicher keine Filme für den lustigen Kindernachmittag.
Die Serie kultiviert es, die Morde auf den Nebenschauplatz zu verbannen. Weder die Morde, noch ihre Aufklärung zeichnen für den Erfolg der Serie verantwortlich. Allein die Figur Saga Noren "Kripo Malmö" mit ihrer asperger-schrulligen (Link auf das Asperger Syndrom) naiven Professionalität hält die Serie zusammen.
Sofie Helen (Link) erschuf laut eigener Aussage (ich verlinke nach dem Trailer ein paar Videos mit Interviews) diese Figur. Die schauspielerische Leistung dieser Frau verdient allein für die Figur Saga mindestens einen Oskar. Sie selbst beschreibt sich als das genaue Gegenteil ihres Serien-Alter-Egos. Schön sieht man dies in einer Talkshow, in der der Moderator sie bittet, einmal das Interview weiterzuführen als "Saga" (Link). Was für eine großartige Darbietung. Auch die Drehbuchautoren leisten Bemerkenswertes. Die Dialoge passen auf den Punkt zur Figur und ihrer Psychologie.
Auch die Kleinigkeiten ihrer psychischen Störungen puzzeln sich perfekt zusammen: Wird ihr Weltbild gestört, durch Ereignisse, die sie nicht kontrollieren kann, versucht sie zu kompensieren - sie beginnt Dinge zu ordnen: Tassen und Buchrücken auszurichten. Diese - dem Asperger Syndrom zuzuordnende - Zwangsstörung äußert sich auch in Kleinigkeiten. Wird sie einem Fremden vorgestellt mit den Worten "Saga Noren", muss sie das Ritual mit "Kripo Malmö" beenden. Exakt wie Sheldon in "The Big Bang Theorie" immer dreimal an eine Tür klopfen muss (Link).
Am Ende der Season: Genial spannende Unterhaltung gemischt mit staubtrockenem Humor, generiert aus der unvorhersehbar empathielosen Reaktion Sagas auf ihre Umwelt.
Saga und Kim nach Season 2
Ein paar Fragen zur Season 3
Sofia spielt Saga (Ihr müsst die Untertitel einschalten)....
Beachtet, wie sich Sofias Körperhaltung verändert, wenn sie auf Saga "schaltet"...
Spoiler
Ein bisserl unfair war es schon: letztlich hatte niemand eine Chance, den Mörder wirklich selbst zu finden. Ich habe sicherlich nicht alles verstanden, aber an einer Stelle kann ich der Handlung nicht folgen: Die Leihmutter verlässt nach der Kuss-Szene Hals über Kopf das Anwesen. Ihr Freund holt sie ab und sie fliehen zu ihrem Haus (wie einfallsreich). Wenig später (viel Zeit kann nicht vergangen sein) findet man ihren Freund tot und sie wurde entführt.
Woher wusste der irre Mörder, wie er sie finden kann? Ihre Flucht war doch nicht vorhersehbar?