Filmkritik: "Total Recall" (2012)
Gerade im Kino mitangehört:
Nein. Das ist nicht total unrealistisch, Schatz. Der Planet ist kaputt und es gibt eine Verbindung zwischen dem Engländer und "der Kolonie" auf der der Herr Farrell jetzt wohnt. Und die Verbindung geht durch den Erdmittelpunkt. Und in der Kolonie siehts aus wie bei einem "Bladerunner" Revival. Aber da wohnt auch die Frau Beckinsale - des ist die Frau vom Herr Farrell, der schlechte Träume hat und deshalb zu elektronischen Droge greifen will und ...- jetzt käme der Spoiler....
Klinken wir uns der Unterhaltung aus. "Bitte das Physikbuch an der Kasse abgeben" sollte im Vorspann stehen. Wenn wir uns aber an das Original erinnern... Wie war das mit den hervorquellenden Augen, die nachher wieder zurückwandern. Räusper.
Ich habe mich köstlich unterhalten. Der Film beginnt wie Bladrunner, leitet dann in "I-Robot" über und endet wie "Total Recall" - nur nicht ganz soooo kitschig.
Die Effekte würde ich auf 80% des heute Möglichen schätzen (die Tiefe wirkt nicht immer überzeugend). Der Sound ist sehr gut.
Die Mädels und Herr Farrell machen wirklich Spass: Kate darf von Dach zu Dach hüpfen (man könnte meinen, der Regisseur Len Wiseman hätte bei Underworld Regie geführt - verdammt - hat er ja !!!) und später darf sie sich auch noch mit Frau Biel schlagen (während Herr Farrell wieder nur einen "Androiden" abkriegt). Nach den ersten 20 Minuten beschleunigt der Film merklich und ab dann macht er nur noch Spass.
Schöner Popcorn und Bier Streifen! Technisch um Dimensionen besser als das Original. Spoiler hinter dem Trailer.
/* Spoiler - ROTER Alarm - alles nur ein Traum */
Das Ende dieses Films ist ja sehr eindeutig. Aber was ist jetzt wirklich passiert?
Nachdem er bei Rekall die Injektion gesetzt bekommen hat, wird ja sofort angehalten. Oder sollen wir das nur denken? Ist das der Trick, mit dem Rekall (die Firma) den Kunden nach dem Einschlafen in die "neue Wirklichkeit" überführt? Soll er denken, der "Recall" wurde abgebrochen? Dabei setzt an dieser Stelle schon die "neue Erinnerung ein"?
Wir spulen gedanklich weiter: Die Szene in der er im Erdgeschoss des Gebäudes mit dem Gedanken geimpft wird, dass dies alles doch nur Einbildung sein könnte: Sein Kumpel versucht ihn zu überreden, seine neue Freundin zu erschiessen. Wir sehen seine Frau Lori aufgelöst ängstlich vor der Tür stehen. Nachdem er sich nicht überreden lässt, wird Lori wird zur Rächerin und will ihn töten. Sie hat also nur gespielt und alles ist real ... oder? Ist das also der Beweis, dass die Handlung real ist? Nein. Die Argumentation greift nicht, da Lori (die liebende Frau in der realen Welt) durchaus aus der Projektion (der Traumwelt) verschwunden sein kann, nachdem er beschlossen hatte, in "seiner" Welt zu bleiben.
Spulen wir gedanklich nochmal an den Anfang zu Rekall zurück: Der Rekall Mensch bietet ihm einen "Traum" an, bei dem er als Geheimagent agieren würde - oder auf Wunsch auch als Doppelagent. Was für ein Zufall (?).
Für mich bleibt am Ende (gewollt) offen, was real ist und was nicht. Wenn ich absolut rational argumentieren müsste, würde ich mich für die "alles ist nur ein Traum" Variante entscheiden.
Edit (was mir später einfiel): Auch im Original gibt es einen Hinweis darauf, dass er immer noch in der "Matrix" steckt. Man sieht kurz, wie der "Verkäufer" ihm einen Traum anbietet und auf den Schirmen sieht man Bilder, die er später auch erlebt. Natürlich könnte man die Frage stellen, ob er schon am Anfang des Filmes im Recall "hängt", aber das können wir mangels Referenz nicht beantworten - würde allerdings die grausige Physik des "Falles" glattbügeln (siehe nächster Abschnitt).
Was mich wirklich störte ist die Szene, wo sie an der Aussenhaut der Kapsel rumklettern und sich keiner Gedanken macht, wie das alles funktionieren soll. Wenn da draussen Luft ist, sollte die Plattform stromlinienförmig sein; falls nicht, werden die da draussen ersticken. TOLL!
Jetzt muss ich doch was zur Physik sagen - warum das alles physikalisch gesehen so unglaublich grausig ist: "Der Fall" - Die Erde hat einen Radius von so gut 6000 km. D.h. der Tunnel wäre so 12000 km lang (er geht nicht direkt durch den Kern - ja ich weiss). - Das Ding bewegt sich im freien Fall auf den Kern zu (an ihm vorbei - wie man in den Schaubildern sieht). Im freien Fall, sind alle Körper "schwerelos" (der Ausdruck ist falsch - man spürt einfach keine Erdanziehungskraft - wer schonmal in einem Freefall Tower sass, wird mir recht geben). - Würde keine Luftreibung wirken, würde das Dingens einfach durch den Mittelpunkt der Strecke durchsausen und dann am anderen Ende immer langsamer werden und stehen bleiben (Pendelbewegung). Hier müsste eine spürbare Kraft wirken. Auf keinen Fall gibt es im "Kernbereich" eine schwerelose Zone und dann eine Gravitationsumkehr!
Die "Flugzeit" lässt sich übrigens nicht ganz so leicht überprüfen. Wenn das Transportmittel im luftleeren Raum beschleunigt wird, kann man 9,81m/s² als Kraft annehmen. Hier nähert man sich aber dem Erdmittelpunkt. Und somit gelten die normalen Formeln nicht (sie gehen von einer punktförmigen Masse im Mittelpunkt einer Kugel aus). Ich kann nur soviel sagen, dass die Grössenordnung der Reisedauer nicht unmöglich ist.
Wer es nicht glaubt. Die Kollegen von "Kopfball" haben dazu ein Gedankenexperiment gemacht.
Sollte das Gerät einen Antrieb haben, wären einige Probleme von oben beseitigt. Trotzdem müsste der Tunnel bei der Flugzeit luftleer sein und dann kann man nicht während der Fahrt "aussteigen"!